Wacholder
Juniperus communis L.
Die spitzen, nadeligen Blätter des Wacholder (Kranawit) verleiden jedem die Freude am Sammeln der reifen Beerenzapfen dieser Heil- und Gewürzpflanze. “Selbstversorger” sollten auch darauf achten, nur Beeren zu ernten, die reif sind und nicht jene pflücken, die noch ein Jahr zur Reife brauchen.
Die Frage, ob Wacholderbeeren nierenschädigend sind oder das Leben verlängern, läßt sich nicht in einem Satz beantworten. Der folgende Artikel versucht die Nebenwirkungen zu relativieren, die positiven Wirkungen auf die Harnwege sowie den Magen- und Darmbereich herauszustreichen und auch seinen Wert als Gewürz für verschiedene Speisen aufzuzeigen.
“Eßt´s Kranawit und Bibernell
dann sterbt ihr nit so schnell”
Der Spruch zeigt auch, dass der Wacholder im Volk als Heilmittel und Gewürz zur Gesundheitsförderung einen hohen Stellenwert hatte.
Medizinische Anwendung
Die wassertreibende Wirkung kommt durch eine Reizung auf das Gewebe der Nieren zustande. Daher hat auch die Kommission E in Deutschland die Verwendung von Wacholderbeeren nur bei Verdauungsbeschwerden mit leichten Krämpfen im Magen- Darmbereich, bei Völlegefühl und Blähungen empfohlen. Damit soll einer übermäßigen Anwendung bei Nieren–Blasenerkrankungen und dadurch einer möglichen Reizung des Nierengewebes vorgebeugt werden.
Die Meinungen über die schädigende Wirkung auf die Niere sind geteilt. Bedeutende Wissenschafter vermuten, dass hier seit über 100 Jahren die nierenschädigende Wirkung von Buch zu Buch ohne neuere, eingehende wissenschaftliche Erkenntnisse übertragen wurde. Diese Kritik wird plausibel, wenn man bedenkt, dass die Ergebnisse über die Nierenschädigung vor 150 Jahren mit der 1000-fachen Dosis erzielt wurden, die bei der Teezubereitung dem Körper zugeführt wird.
Wurden die Untersuchungen mit bis zu 25 Gramm ätherischem Öl durchgeführt, finden sich in einer Wacholderteezubereitung maximal 25 Milligramm – das entspricht einer Menge von rund 15 Beeren. Eine Teemischung enthält entsprechend weniger ätherisches Öl.
Aus dieser Betrachtung heraus scheint auch die von Pfarrer Kneipp empfohlene Kur mit Wacholderbeeren nicht überdosiert zu sein. Dabei beginnt man mit dem Kauen von 3 x täglich einer Beere und steigert diese bis 3 x täglich 20 Beeren, um dann wieder absteigend bis zu 3 x täglich 1 Beere zu reduzieren. Bei dieser Kur wird die empfohlene Tagesdosis von 20 bis 100 mg ätherischem Öl nicht überschritten, wenn die 60 (3 x 20) Wacholderbeeren bei einem Gehalt von 2 % nicht mehr als 5 Gramm schwer sind.
Teemischungen, die bei leichten Harnwegserkrankungen verwendet werden, enthalten neben den Wacholderbeeren z.B. auch Birkenblätter, Löwenzahnwurzel, Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel, Liebstöckelwurzel, Bärentraubenblätter, Ackerschachtelhalm oder Orthosiphonblätter.
Bei der Behandlung von Magen–Darmbeschwerden (dyspeptischen Beschwerden) kann die Kombination mit Wermut, Kamille oder Pferfferminze sinnvoll sein.
Die Anwendungsmöglichkeiten beschränken sich bei den Wacholderbeeren nicht nur auf Teezubereitungen. So werden die „Beeren“ auch zu Wacholderspiritus verarbeitet, der äußerlich und innerlich zur Anwendung kommt.
Wenn auch die Nebenwirkungen von Wacholder relativiert wurden, scheint es aus Gründen der Vorsicht doch angebracht, in der Schwangerschaft oder bei entzündlichen Nierenerkrankungen auf die Einnahme von Wacholder zu verzichten bzw. seine langdauernde Anwendung oder Überdosierung wegen möglicher Nebenwirkungen zu vermeiden.
Eine Anwendung des ätherischen Öls bei unter 18 Jahre alten Personen sollte vermieden werden.
Wacholder als Gewürz
Auch als Gewürz erfreut sich der Wacholder großer Beliebtheit, macht er doch viele Speisen durch das ätherische Öl bekömmlicher; in Wildgerichten und im Sauerkraut ist Wacholder zu finden. Man sollte aber mit diesem aromatischen Gewürz eher sparsam umgehen.
Ein bekanntes alkoholisches Getränk – der Gin – enthält Wacholder als charakteristischen Geschmacksspender.
Zusammenfassung
Trotz kritischer Töne ist der Wacholder ein wertvolles Therapeutikum bei Magen-Darmbeschwerden und Harnwegsinfekten. Bei Menschen mit gesunden Nieren scheint die therapeutische Dosis unbedenklich zu sein. Ein hoher Gehalt an Terpinen–4–ol im ätherischen Öl ist anzustreben.
Die Wacholderbeeren eignen sich auch hervorragend zum Würzen vieler Speisen, verfeinern deren Geschmack und verbessern deren Bekömmlichkeit.