Hoodia
Hoodia gordonii Sweet ex Decne.
Bei Hoodia geht es um eine Sukkulente, eine wasserspeichernde Pflanze, die von der Urbevölkerung im südlichen Afrika insofern genützt wurde, dass Pflanzenteile von den Stämmen dieser kakteenähnlichen Pflanze gekaut wurden, um gegen das Hunger- und Durstgefühl anzukämpfen. Diese Erkenntnis versuchte man zur Zeit der letzten Jahrtausendwende dahingehend zu nützen, dass man nach Extraktion des Wirkstoffes mithilfe wissenschaftlicher Forschungen die bisherigen Erfahrungen der Ureinwohner bestätigt, um dann die Reinsubstanz in einer „Abnehmpille“ als appetithemmendes Mittel einzusetzen.
Es gibt bei den Pflanzen eine ganze Reihe von Familien, in denen wir einige Gattungen oder Arten als Heilpflanzen kennen oder nützen und die durch ihre besondere Eigenschaft, vermehrt Wasser zu speichern, zu den sukkulenten (saftreichen) Pflanzen gezählt werden. Das Wasser kann in verschiedenen Pflanzenorganen gespeichert werden, wie in Blättern, im Stamm oder/und in den Wurzeln.
Die Sukkulenten (aus dem lateinischen suculentus = saftreich) wachsen in der Natur in eher trockenen Regionen. Eine Familie innerhalb dieser Sukkulenten, die vielen Menschen geläufig ist, sind die Kakteen. Viele Urlauber, die im Sommer gerne ihren Urlaub in Mittelmeerländern verbringen, haben sicher schon Pflanzen gesehen, die die Fähigkeit der vermehrten Wasserspeicherung besitzen, wie viele Arten aus der Familie der Mittagsblumen, die bei Sonnenschein in Küstennähe auffällig in den verschiedensten Farben blühen. Aber auch Heilpflanzen zählen zu diesen sukkulenten Pflanzen. Ganz bekannt sind die Aloearten aus der Familie der Affodilgewächse, die auf ähnlichen Standorten in ariden Regionen wachsen, und deren gelartiger Inhalt in den Blättern auch medizinisch genützt wird. Zu guter Letzt soll eben die Gattung Hoodia hier genannt sein, deren sukkulente Gestalt im südafrikanischen Raum – z.B. in Namibia – dank ihrer Größe und der intensiven Färbung der Blüten recht auffällig in der kargen Landschaft hervorsticht.
Wie kam es zu dem doch etwas ungewöhnlichen Namen Hoodia gordonii, für den es keine echte deutsche Bezeichnung gibt. Die auch verwendete Bezeichnung Kalahari Cactus bezieht sich zumindest auf das Gebiet des Vorkommens. Der Name der Gattung Hoodia ist auf den britischen Arzt William Chamberlain Hood (1790–1879) zurückzuführen und wurde von dem britischen Botaniker R. Sweet bereits im Jahr 1830 verwendet; nach anderslautenden Bezeichnungen der Pflanzen wurde die auch derzeit gültige Zuordnung in der Mitte des 19. Jahrhunderts von dem französischen Botaniker J. Decaisne festgelegt.

Hoodia © Ernst Frühmann
Anwendung als Nahrungsergänzung
Wenn es um die medizinische Nutzung von Hoodia gordonii geht, muss man heute feststellen, dass die hohen Erwartungen, die man in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts in Bezug auf eine appetithemmende Wirkung gesetzt hat, leider nicht erfüllt wurden.
Aus der traditionellen Nutzung war bekannt, dass Ureinwohner in den sehr kargen Regionen Namibias, wenn sie auf die Jagd gingen und mehrere Tage unterwegs waren, Stücke dieser bitter schmeckenden Pflanzen kauten und damit ihr Hunger- und Durstgefühl unterdrückten.
Diese positive appetithemmende Erfahrung griffen Wissenschaftler mit der finanziellen Unterstützung von Pharmakonzernen auf und untersuchten Einzelsubstanzen aus dieser Hoodia-Pflanze auf ihre appetithemmenden Eigenschaften. 1996 wurde eine Substanz aus der Hoodia gordonii unter dem Kürzel P57 patentiert. Waren es am Ende des letzten Jahrhunderts europäische und amerikanische Firmen, die an einem wissenschaftlich fundierten Produkt arbeiteten, übernahm am Anfang dieses Jahrhunderts eine britisch-niederländische Kooperation diese Bemühungen, scheiterte aber auch trotz vieler Millionen Euro, die investiert wurden auch an der sehr aufwendigen Synthese der Substanz P57 und gab dann das Patent an Südafrika zurück. Im Zuge dieser Forschungen und Patente ist es auch gelungen, dass den Ureinwohnern ein Anteil am Verkaufserlös zugestanden wurde. In verschiedenen Studien wurde zwar gezeigt, dass Extrakte aus Hoodia gordonii oder die Reinsubstanz deutlich appetithemmende Eigenschaften besitzen und durch eine geringere Nahrungsaufnahme auch weniger Kalorien täglich aufgenommen wurden. Zur Abnahme von Übergewicht ergaben sich aber unterschiedliche Ergebnisse und zusätzlich zeigte sich eine Reihe unerwünschter Nebenwirkungen.
Das sollte aber 2004 amerikanische Firmen nicht abhalten Hoodia gordonii als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt zu bringen. Der Verbrauch war am Anfang so beträchtlich, dass es – bedingt auch durch den Artenschutz – zu Engpässen bei der Besorgung von Hoodiapflanzen kam. Kontrollen dieser Nahrungsergänzungsmittel, die ja wesentlich weniger strengen Vorschriften gegenüber Arzneimitteln unterliegen, ergaben, dass etwa in der Hälfte dieser Produkte keine Extraktanteile von Hoodia nachweisbar waren. Dennoch werden derzeit Produkte im Internet angeboten. Beim Kauf muss man wohl dringend anraten sich an eine vertrauenswürdige Quelle zu wenden.

Hoodia © Ernst Frühmann
Zusammenfassung
Die Geschichte der Hoodiapflanze zeigt uns deutlich, dass die positiven Erfahrungen, die Menschen mit dieser Pflanze zur Beherrschung des Hunger- und Durstgefühls gemacht haben, nicht automatisch zu einem –von der Wissenschaft befürworteten – Arzneimittel führen muss.
Da die Synthese der als Wirkstoff angesehenen Inhaltsstoffe sich als sehr schwierig herausgestellt hat und die Pflanzen in relativ kleinräumigen Regionen Südafrikas begrenzt zur Verfügung stehen, langsam wachsen und unter Artenschutz stehen, sind große Mengen derzeit nicht verfügbar.
Dennoch werden Pulverdrogen dieser Pflanze im Internet und Handel zur Minderung des Appetits als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Der Erfolg ist umstritten, weil sich bei Untersuchungen gezeigt hat, dass bei bestimmten Produkten die angeführte Menge der Hoodiadroge nicht nachgewiesen werden konnte. Es ist daher sinnvoll darauf zu achten, dass das Produkt aus einer vertrauenswürdigen Quelle stammt, wenn man die appetithemmenden Eigenschaften austesten will.