Gelber Enzian

Gentiana lutea L. 

Arzneipflanze der HMPPA im Jahr 2022

Bitterstoffe und damit auch der Gelbe Enzian mit seinem hohen Anteil an diesen interessanten Wirkstoffen in seinen oft kräftigen Wurzeln sind seit vielen Jahrhunderten – besonders zur Anregung der Verdauungssäfte – vielfach eingesetzte Arznei- und Hausmittel. Stand in längst vergangenen Zeiten die Wirkung der Bitterstoffe auf die Verdauungsorgane im Vordergrund, eröffneten wissenschaftliche Erkenntnisse über Bitterstoff-Rezeptoren in den letzten Jahren neue Behandlungsmöglichkeiten bei weiteren Erkrankungen. Dass Menschen Bitterstoffe auf ihrer Zunge dank der Bitterstoff-Rezeptoren wahrnehmen, ist schon lange bekannt. Neuere Forschungsergebnisse belegten die Wirkung der Bitterstoffe dank ebensolcher Rezeptoren bei Bronchialerkrankungen und in letzter Zeit auch bei verschiedenen Hauterkrankungen. Bitterstoffe, wie das Amarogentin aus der Wurzel des Gelben Enzian, reagieren mit diesen Bitterstoff-Rezeptoren, beleben dadurch den Stoffwechsel der Haut und können auch zur Regeneration der Hautbarriere beitragen.

Die Enzianarten mit ihren Bitterstoffen waren nicht nur in Arzneien beliebt; sie sind und waren auch Bestandteil verschiedener Kräuterliköre und Schnäpse, die vor oder nach dem Essen – als Aperitif oder als Digestiv – gereicht werden. Daher kam es auch zu einer Gefährdung verschiedener Enzianarten, deren Wurzeln genutzt wurden; mit dem Gelben Enzian waren der Getüpfelte Enzian, der Purpur-Enzian, der Pannonische oder Ostalpen-Enzian und der Schwalbenwurz-Enzian in den Arzneibüchern. Der hohe Bedarf machte es notwendig, diese Pflanzen unter Schutz zu stellen. Da es aber möglich ist, den Gelben Enzian zu kultivieren und die „Ernte“ in der Natur zu reglementieren, ist es zur Erholung der natürlichen Bestände in den Alpen und den anderen Standorten in Europa gekommen.

Gelber Enzian © Ernst Frühmann

Gelber Enzian © Ernst Frühmann

Medizinische Anwendung

In drei Bereichen haben sich Extrakte aus Enzianwurzeln gut bewährt. Zunächst wirken die Bitterstoffe in passender Konzentration bei Appetitlosigkeit. Daher findet man die Enzianwurzel auch in verschiedenen flüssigen Stärkungsmitteln. Weiters eignen sich Extrakte zur Behandlung von dyspeptischen Beschwerden wie Völlegefühl, Blähungen, Übelkeit oder Druck und Schmerzen im Oberbauch. Darüber hinaus sind Enzianwurzelextrakte in einem kombinierten Arzneimittel mit Eisenkraut, Schlüsselblume, Holunder und Sauerampfer zur Verbesserung der Sekretolyse und zum Verdünnen von zähem Schleim bei Infektionen im Nasen-, Nebenhöhlenbereich. Krampflösende und das Abhusten von Schleim erleichternde Wirksamkeiten an der Lunge wurden auch nachgewiesen. Ebenso konnte gezeigt werden, dass äußerlich angewendete Enzianextrakte entzündungshemmende Eigenschaften entfalten und irritierte Haut beruhigen. Zusätzlich wird damit die innerliche Einnahme von Enzianextrakten zur Verbesserung der Ausbildung einer intakten Hautbarriere ergänzt.

Gegenanzeigen: Bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren wegen der Sekretionsförderung.

Nebenwirkungen: Bittermittel sollen nur über kürzere Zeiträume eingenommen werden. Als Nebenwirkungen können Kopfschmerzen, Ekelgefühl oder Brechreiz auftreten. Zu hohe Bitterstoffkonzentrationen können auch das Gegenteil bewirken: es kommt zur Appetithemmung und Sekretionsbeschränkung.

 

Gelber Enzian © Ernst Frühmann

Gelber Enzian © Ernst Frühmann

Zusammenfassung

Der Gelbe Enzian ist eine stattliche, naturgeschützte Pflanze, die zum Erhalt natürlicher Ressourcen auch feldmäßig angebaut wird. Die Wurzeln werden frühestens nach fünf Jahren im Frühjahr geerntet.

Der Bitterwert vom Amarogentin, dem intensivsten natürlichen Bitterstoff, liegt bei 58 Millionen. Extrakte aus den Wurzeln (Bitterwert 10.000 – 20.000) kommen bei Appetitlosigkeit, dyspeptischen Beschwerden, Husten oder Nebenhöhlenerkrankungen, zur Reparatur der Oberhaut und Wiederherstellung der Hautbarriere zur Anwendung.

Neben der arzneilichen Anwendung ist der Enzianschnaps ein seit vielen Jahrhunderten beliebtes Produkt aus der im Sommer geernteten Wurzel vom Gelben Enzian.

 

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