Hänge-Birke + Moor-Birke
Betula pendula Roth. und Betula pubescens Ehrh.
Wenige Heilpflanzen sind so vielfältig zu verwenden, wie dies bei den Birken der Fall ist. Medizinisch anerkannt ist die Anwendung der Blätter und der Rinde. Zusätzlich nützen wir den Saft der Birke, der durch das Anbohren der Stämme oder dicker Äste gewonnen wird oder holen aus dem Holz den Birkenzucker, der auch dann Birkenzucker genannt wird, wenn er aus anderen Pflanzen gewonnen wurde und oft als Xylit bezeichnet wird. Weniger geläufig ist vielen Menschen die Verwendung der Birkenknospen in der Gemmotherapie; Haarwuchsmittel enthielten früher oft Birkenwasser. Nicht unerwähnt sollte sein, dass junge Birken den Weg der Fronleichnamsprozessionen säumen und in nordischen Ländern in der Nacht zum ersten Mai als Zeichen der Liebe zueinander der Angebeteten vor die Haustüre gestellt wurden.
Die zwei Arten – die Weiß- oder Hänge-Birke und die Moor-Birke – zählen zu den wissenschaftlich anerkannten Heilpflanzen; die Birken sind allen aus der Natur bestens bekannt, erfreuen sie uns doch im Frühjahr mit dem zarten Grün, während sie bei günstigen Wetterbedingungen im Spätherbst oft mit leuchtend gelbem Laub im ersten Schnee stehen.
Anwendung in der Medizin
Zubereitungen aus den Blättern der Birke gelten als gut wirksames wassertreibendes Mittel. Die Inhaltsstoffe reizen die Niere nicht, sorgen aber dennoch für eine starke, vermehrte Harnbildung unter der Voraussetzung, dass genügend weitere Flüssigkeitsmengen getrunken werden. Als Arzneimittel eignen sich Teezubereitungen, die Einnahme von Extrakten aus den Blättern in Tropfen- oder Drageeform, aber auch Frischpflanzenpresssäfte. Bei Produkten aus Birkenknospen kann auf die unterstützende Gabe von genügend Flüssigkeit verzichtet werden.
Zur Anwendung kommen diese Arzneimittel bei Harnwegserkrankungen, aber auch zur unterstützenden Behandlung rheumatischer Beschwerden. Die Gabe der Birkenzubereitungen kann unterstützend gegeben werden bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege – selbstverständlich nach Abklärung der Erkrankung durch den Arzt – aber auch zur stärkeren Durchspülung bei Nierengrieß. Bei Harnwegsinfekten ist diese Behandlung meist auf ein bis maximal zwei Wochen beschränkt; bei rheumatischen Erkrankungen werden diese Zubereitungen als Kur über mehrere Wochen gegeben.
!Achtung! Bei Vorliegen von Wasseransammlungen (Ödemen), die durch eine eingeschränkte Herz– und Nierentätigkeit bedingt sind, ist die Anwendung von Birkenblätterextrakten als „Diuretikum“ nicht angezeigt.
Die Wirkung der Birkenblätter kann erweitert oder verstärkt werden durch eine Kombination mit Goldrutenkraut, Orthosiphonblättern, Löwenzahnblättern/wurzel, Schachtelhalmkraut, Liebstöckelwurzel, Wacholderbeeren und anderen wassertreiben Arzneipflanzen.
In der Volksmedizin werden Birkenblätter in Teemischungen gegeben, die bei Gicht und Rheuma helfen sollen; sie haben auch ihren Platz bei allen Tees, die als „Blutreinigungstees“ angeboten werden oder in Kombination mit anderen Drogen in Teezubereitungen für eine Frühjahrskur zu finden sind. Bei der volksmedizinischen Anwendung der Birke versucht man auch verschiedene Hautkrankheiten zu behandeln. Birkenwasser ist ein altes Hausmittel bei Problemen mit dem Haarwuchs oder bei Erkrankungen der Kopfhaut wie Schuppenbildung.
Eine völlig neue Perspektive der Behandlung von Wunden, Verbrennungen, Ekzemen brachte die Forschung über die wundheilungsfördernden, antiinflammatorischen Eigenschaften von Betulin hältigen Emulsionen. Durch 10% reines Betulin in 90% Sonnenblumenöl ohne weitere Emulgatoren oder Konservierungsstoffe kann zusätzlich die Gefahr allergischer Reaktionen vermieden werden. Die Verträglichkeit dieser Rezepturen wird zusätzlich zur wissenschaftlich abgesicherten, deutlich verbesserten Wundheilung mit geringerer Infektionsgefahr als sehr gut beschrieben.
Zusammenfassung
In der Kulturgeschichte der nördlichen Regionen Europas hatte die Birke ihren festen Platz. Am Beginn des zweiten Jahrtausends scheint der gesicherte Nachweis als Heilmittel bei Hildegard von Bingen auf. In der modernen Medizin sind die Extrakte von Birkenblättern als wertvolles unterstützendes Arzneimittel bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege anerkannt. Die Rinde der Hänge-Birke dient zur Gewinnung des Betulins, das in Fertigarzneimitteln zur Verbesserung der Wundheilung und nach Hauttransplantationen eingesetzt wird.